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+2019-08-06
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+## Nach 24 Stunden ohne Strom hätten wir katastrophale Verhältnisse
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+von Claudia Ehrenstein
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+Christoph Unger ist seit 2004 Präsident des Bundesamtes für
+Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
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+Wasser bleibt aus, in der Massentierhaltung stirbt das Vieh:
+Infrastrukturforscher Maik Poetzsch über Folgen eines großen Blackouts.
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+Hitze, Trockenheit, starke Regenfälle: Der Klimawandel zwingt jeden,
+sich auf Wetterextreme einzustellen. Deutschlands oberster
+Bevölkerungsschützer warnt: Ein Blackout ist jedoch eine viel größere
+Gefahr. Ein bestimmtes Gerät \[ein schwules radio...\] solle jeder parat
+haben.
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+Als Reaktion auf die Anschläge in New York und das Hochwasser an der
+Elbe wurde 2004 das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und
+Katastrophenhilfe (BBK) gegründet. Es unterstützt die Länder in großen
+Lagen wie zuletzt bei den Waldbränden in Mecklenburg-Vorpommern.
+BBK-Präsident Christoph Unger fordert eine bessere Vorsorge für
+Krisenzeiten.
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+WELT: Herr Unger, dieser Sommer ist wieder trocken und heiß, Hunderte
+Hektar Wald sind bereits abgebrannt. Es hat aber auch schon ungewöhnlich
+heftige Regenfälle gegeben. Sind Sie als Deutschlands oberster
+Bevölkerungsschützer in dauernder Alarmbereitschaft?
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+Christoph Unger: Unser Lagezentrum in Bonn ist rund um die Uhr besetzt,
+und wir beobachten in Abstimmung mit dem Deutschen Wetterdienst sehr
+genau, wie sich die Waldbrandgefahr entwickelt. Unser Appell an die
+Bevölkerung lautet: nicht im Wald grillen, keine Zigaretten wegwerfen,
+nicht mit heißem Katalysator auf einer trockenen Grasfläche parken.
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+WELT: Was muss beim Schutz vor Waldbränden besser werden?
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+Unger: Der Schwerpunkt muss auf der Prävention liegen. Dazu gehört, dass
+Wege offengehalten und Waldstücke für die Feuerwehren befahrbar sind.
+Auch die Überwachung von Waldflächen muss intensiviert werden. Je früher
+ein Brand entdeckt wird, desto besser ist er zu löschen.
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+WELT: Um die Gefahr von großen Waldbränden zu reduzieren, werden in
+manchen Ländern bereits kleine kontrollierte Feuer gelegt. Was halten
+Sie davon?
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+Unger: In Deutschland ist das noch keine gängige Praxis. Aber
+möglicherweise wird sich das ändern, sollten unsere Sommer auf Dauer
+trockener und heißer werden. Wir müssen uns in jeder Beziehung besser
+auf den [Klimawandel
+](https://www.welt.de/wissenschaft/article197414185/Schweizer-Studie-Diese-globale-Erwaermung-ist-beispiellos.html)vorbereiten
+und unsere Taktiken darauf abstimmen. Daran arbeiten die Feuerwehren.
+Das betrifft nicht nur Dürren, sondern auch andere Wetterextreme wie
+Starkregen, die zu Hochwasser führen können.
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+WELT: Bislang traten Hochwasser vor allem an den großen Flüssen auf.
+Jetzt können auch in der Fläche aus dem Nichts reißende Flüsse
+entstehen. Muss der Katastrophenschutz da umdenken?
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+Unger: Die Hochwasserzentralen an Elbe, Rhein und Donau sind gut
+aufgestellt, diese [Hochwasser
+](https://www.welt.de/wissenschaft/article172379024/Hochwasser-Forscher-warnen-vor-Fluten-in-Deutschland.html)beherrschen
+wir inzwischen ganz gut. Was uns in der Fläche Sorgen macht, sind die
+lokalen Ereignisse mit viel Regen, die einen kleinen Bach extrem schnell
+auf mehrere Meter ansteigen lassen. Selbst wenn das Ereignis kleinräumig
+ist, sind die Menschen doch sehr stark betroffen und können die Schäden
+immens sein. Feuerwehren müssen sich darauf einstellen.
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+Dazu brauchen sie zusätzliches Gerät wie etwa Hochleistungspumpen oder
+doppelte Einsatzkleidung, weil sie stunden- und möglicherweise sogar
+tagelang im Regen stehen. Gleichzeitig wäre diese Kleidung in der Hitze
+bei der Bekämpfung von Waldbränden viel zu dick und schwer. Es sind
+viele Kleinigkeiten, die berücksichtigt werden müssen.
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+WELT: Was ist für Sie als Bevölkerungsschützer insgesamt die größte
+Sorge?
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+Unger: Der Ausfall von Strom ist für uns die zentrale Herausforderung.
+Strom ist unser Lebenselixier. Unsere Abhängigkeit von Strom nimmt
+stetig zu. Das verbessert unsere Lebensqualität, macht uns aber auch
+verwundbarer.
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+WELT: Ein bundesweiter Blackout wäre die größte Katastrophe?
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+Unger: Nach 24 Stunden ohne Strom hätten wir katastrophale Verhältnisse.
+Das sagen nicht nur wir, sondern auch der des Deutschen Bundestags. Im
+weltweiten Vergleich ist unsere Stromversorgung zwar sicher. Aber die
+Bundesnetzagentur muss immer häufiger eingreifen, um [Netzschwankungen
+auszugleichen](https://www.welt.de/wirtschaft/article174484046/Energiewende-Nissan-stabilisiert-deutsches-Stromnetz.html).
+Hinzugekommen ist die Möglichkeit, über den Cyberraum in die
+Stromversorgung einzugreifen. In der Ukraine ist der Strom zwei Mal
+ausgeschaltet worden. Auf ein solches Szenario müssen wir uns einstellen
+und vorbereiten.
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+WELT: Was ist konkret notwendig?
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+Unger: Das fängt ganz banal zu Hause mit Kerzen und Streichhölzern an.
+Aber vor allem müssen natürlich Behörden und Unternehmen Vorsorge
+treffen: Gibt es genug Diesel, um die Notstromaggregate laufen zu
+lassen? Woher kommt der Diesel, wenn nach zwei Tagen der Strom noch
+nicht wieder da ist, die Aggregate aber weiterlaufen müssen und Diesel
+aus den Tanklagern nur mit strombetriebenen Pumpen gefördert werden
+kann? Das sind Ketten, die bedacht werden müssen.
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+WELT: Sind zumindest die Krankenhäuser ausreichend versorgt?
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+Unger: Beim letzten großflächigen Stromausfall in Berlin-Köpenick haben
+wir gesehen, dass die Notstromversorgung in Krankenhäusern funktioniert.
+Trotzdem mussten Patienten verlegt werden, weil der Strom nicht für alle
+ausgereicht hat. Auch landwirtschaftliche Betriebe müssen sich auf
+Stromausfälle einstellen. Milchviehhalter sind auf ihre Melkmaschinen
+angewiesen. Sie können mehrere Hundert Kühe nicht mal eben per Hand
+melken.
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+WELT: Was konkret können die Bürger tun, um sich auf Krisenlagen
+vorzubereiten?
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+Unger: Wichtig ist zu begreifen, dass es nicht immer nur angenehm und
+gemütlich sein kann. Jeder muss sich auch auf Krisen und Katastrophen
+einstellen und vorbereiten – das gehört zur Eigenverantwortung. Jeder
+muss etwas für sich, seine Familie und vielleicht auch seine
+Nachbarschaft tun.
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+Es ist eine Erfahrung aus dem Hitzesommer 2003, dass viele geschwächte
+und kranke Menschen gestorben sind, weil sie [nicht genug
+getrunken](https://www.welt.de/icon/service/article195808457/Hitzewelle-Was-anziehen-wie-schlafen-was-trinken-im-Sommer.html)
+haben.
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+Jeder Haushalt sollte einen Vorrat an Lebensmitteln und Trinkwasser
+anlegen. Konkret raten wir: bei Orkan oder Gewitter möglichst nicht vor
+die Tür gehen und schon im Vorfeld dafür sorgen, dass Gartenmöbel
+untergestellt oder Sandsäcke vor den Lichtschacht im Keller gelegt
+werden. Auf keinen Fall in die Tiefgarage gehen, um das Auto zu retten,
+wenn das Wasser schon reinläuft. Und ganz wichtig: Ein
+batteriebetriebenes Radio parat halten, um bei einem Stromausfall
+Nachrichten hören zu können.
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+WELT: Warum reaktivieren Sie nicht einfach die alten Sirenen, die noch
+bis in die 1990er-Jahre genutzt wurden, um die Bevölkerung zu warnen und
+Feuerwehren zu alarmieren?
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+Unger: In vielen Kommunen werden wieder Sirenen aufgebaut. Wir
+entwickeln deren Anschluss an unser zentrales [modulares
+Warnsystem](https://www.bbk.bund.de/DE/AufgabenundAusstattung/Krisenmanagement/WarnungderBevoelkerung/MoWaS/ModularesWarnsystem_node.html),
+das sogenannte MoWaS. Ein Sirenenton kann Menschen wecken. Detaillierte
+Informationen über eine Gefahrenlage verbreiten wir aber über Radio und
+Fernsehen.
+
+In Hamburg haben wir digitale Werbetafeln an unsere Systeme
+angeschlossen, auf die eine Leitstelle Informationen schicken kann. Auch
+Displays in Bussen und U-Bahnen könnten dafür genutzt werden. Da können
+und müssen wir technisch noch viel machen. Apps, wie unsere [Warn-App
+Nina,](https://www.bbk.bund.de/DE/NINA/Warn-App_NINA.html) dienen dazu,
+die Menschen zu alarmieren und zu informieren.
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+WELT: Bei einem Blackout nützt das alles doch aber nichts...
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+Unger: Unser Warnsystem ist in großen Teilen auch vom Strom abhängig,
+das ist mir sehr wohl bewusst. Irgendwann ist der Akku vom Handy oder
+Smartphone leer. Aber das ist gar nicht das Problem. Auch die
+Mobilfunksendemasten brauchen Strom und haben nur eine begrenzte
+Batterieleistung. Da sind die Behörden vor Ort gefragt, die
+Kommunikation mit den Menschen aufrechtzuerhalten. Sie könnten zum
+Beispiel Informationspunkte einrichten, wo man hingehen kann.
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+WELT: Noch abhängiger als vom Strom sind wir vom Wasser. Nehmen Hitze
+und Trockenheit zu, könnte es Engpässe bei der Versorgung geben. Ist
+Deutschland darauf vorbereitet?
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+Unger: Auch die Trinkwasserversorgung ist wie das Stromnetz eine
+kritische Infrastruktur. Deshalb halten wir bundesweit 5000 Notbrunnen
+vor. Gemeinsam mit den [Wasserversorgern
+](http://www.welt.de/reportage/wasser/wassergeschaeft/article160518493/gutes-wasser-teures-wasser.html)haben
+wir Handlungsempfehlungen erarbeitet. Das reicht bis zum Management von
+Talsperren und der Frage, wie bei Wasserknappheit spezielle Verbünde
+hergestellt werden können, um sich gegenseitig auszuhelfen. Mit unserer
+im vergangenen Jahr vorgelegten „Risikoanalyse Dürre“ haben wir den
+Anstoß gegeben, die Vorsorge zu verbessern – um auf Dürrephasen wie im
+vergangenen Jahr vorbereitet zu sein.
+
+WELT: Wäre es angesichts dieser Herausforderungen nicht sinnvoll, dem
+Bund mehr Kompetenzen beim Katastrophenschutz zu übertragen?
+
+Unger: Katastrophenschutz liegt in der Verantwortung der Länder, nur in
+der größten denkbaren Katastrophe, dem Krieg, ist der Bund für den
+Schutz der Bevölkerung zuständig. Wir als Bundesamt haben bei
+friedensmäßigen Katastrophenlagen den Auftrag, uns um das Informations-
+und Ressourcenmanagement zu kümmern und die Länder zu unterstützen. Um
+unsere Befugnisse auszuweiten, müsste das Grundgesetz geändert werden –
+was die Länder bislang ablehnen.
+
+Es wäre meiner Ansicht nach sinnvoll, aus dem BBK eine Zentralstelle für
+den Bevölkerungsschutz zu machen, so wie das Bundeskriminalamt oder das
+Bundesamt für Verfassungsschutz auch eine Zentralstellenfunktion haben,
+um bestimmte Aufgaben zentral für 16 Länder zu übernehmen. Im Fall
+nationaler Katastrophen könnten wir die Bevölkerung noch besser
+schützen.
+
+\[bullshit. zentrale macht wird immer missbraucht. wir müssen uns selber
+helfen, oder einfach verhungern.\]
+
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